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Die chinesische Kräutertherapie ist sicherlich die umfangreichste Therapieform der TCM mit einer großen Fülle von Rezepten für Dekokte und Granulate, für deren Einsatz man eigentlich eine ganz eigene Ausbildung braucht und zudem (bei uns) eine verlässliche und hochwertige Bezugsquelle benötigt.
Daneben halte ich es persönlich für durchaus legitim, sich bei der Phytotherapie auch auf andere Habitate auszuweiten und  europäische,  amerikanische/südamerikanische Kräuter oder auch die Ayurveda (das indische Pendant zur TCM) flexibel und in analoger Form mit einzubeziehen, wenn es denn therapeutisch Sinn macht, möglichst mühelos umsetzbar ist und Erfolg verspricht.  Die ursprünglich aus der südamerikanischen Phytotherapie stammende Passionsblume (Passiflora incarnata)  setze ich schon seit einiger Zeit sehr  häufig und erfolgreich als Unterstützung ein, wenn es um große nervöse Unruhe und/oder Durchschlafstörungen,  auch in Verbindung mit hohem Puls/Herzrasen und Palpitationen geht. 

Die Passiflora incarnata ist eine immergrüne, ausdauernde Kletterpflanze, die sich mit ihren spiraligen Trieben festhält und leicht 6-8 m Länge erreichen kann, die Blätter sind dreifingrig eingekerbt, die Blüten in grün, gelb, blau und Purpur-Tönen bilden die schönsten lebenden Mandalas, die man sich als Blüte vorstellen kann, werden gern von Insekten aufgesucht und die Passiflora edulis bringt die uns als Maracujá bekannte Frucht hervor, die gern zu Saft und Desserts verarbeitet wird. Sie stammt ursprünglich aus Brasilien (ist aber heute deutlich verbreiteter und wird in großem Maße angebaut) und wurde schon von dortigen (indigenen) Urvölkern verwendet. Der Name Maracujá stammt aus dem Portugiesischen, bzw. aus deren indigenen südamerikanischen Tupi-Sprache.

Die Blätter der Passiflora incarnata  werden in der Phytotherapie gegen nervöse Unruhe, Anspannung, Reizbarkeit oder Angstzustände,  Durchschlafstörungen, Herzrasen und Palpitatonen und nervöse  Magen-, Darmbeschwerden und depressiven Verstimmungen eingesetzt.

Verwendet werden die Blätter (herba). Man kann sie als Tee trinken (frisch oder getrocknet, auch in Bio-Qualität). Es gibt sie aber auch in Tabletten-Form (gängiger sind die Kombinationen z.B. mit Hopfen, Melisse oder Baldrian, es gibt sie aber auch als Monopräparat)  oder Tinktur (übrigens auch als Spray). Letztere Variante hat den Vorteil, dass sie über die Mundschleimhaut und damit schneller aufgenommen werden kann. Der Vorteil: Man kann die Passiflora in Tablettenform eine Zeitlang (empfehlenswert sind 6 bis maximal 12 Wochen) durchgehend z.B. abends als Durchschlaf-Hilfe nehmen, aber das Spray auch sehr gut tagsüber als Bedarfsmedikation, wenn man in Unruhe gerät und akut schnellere Hilfe braucht. Beiden Möglichkeiten nutzen zu können finde ich sehr hilfreich und lebensnah.

Was ich besonders an der Passiflora schätze ich die Tatsache, dass sie zwar beruhigend, aber nicht dämpfend oder einschläfernd wirkt, daher auch tagsüber gut einzusetzen ist, wenn wir zwar ruhig und gelöst, aber doch konzentriert und wach sein wollen, ohne Müdigkeit oder Überhang.
In der Nacht trägt sie dazu bei, dass man auch eher durchschlafen kann, weil man in den leichten Schlafphasen nicht sofort durch die grundlegende Unruhe aus dem Schlaf gerissen wird. Es ist also – im Gegensatz zu Hopfen oder Melatonin – kein Einschlaf- sondern ein Durchschlaf-Mittel. 
Soweit bisher ersichtlich sind keine Risiken, Nebenwirkungen oder Interaktionen bekannt.

Der „Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzen“ an der Universität Würzburg wählte Passiflora incarnata wegen ihres Wirkungsprofils und der langen Nutzungsgeschichte zur Arzneipflanze des Jahres 2011.

Die Deutsche Apotheker-Zeitung hat der Passiflora vor ca. 10 Jahren ein recht ausführliches und lesenswertes Pflanzenportrait gewidmet  (DAZ 2013, Nr. 50, S. 86, 12.12.2013), indem die Nutzungsgeschichte, Indikationen und Dosierung sowie die Wirkung kompakt dargestellt werden.

Kürzlich wurde von der Stiftung Warentest eine Bewertung von Beruhigungsmitteln veröffentlicht, die für die meisten der allgemein bekannten pflanzlichen Beruhigungsmittel überraschend ein vernichtendes Urteil abgibt, das nicht nur der klassischen Phytotherapie und den bisherigen klinischen Erfahrungswerten sondern sicherlich auch den Erfahrungswerten der allermeisten Leser und Anwender widersprechen wird.

Schade ist in diesem Zusammenhang, dass das in den letzten Jahren sich fortlaufend zuspitzende „bashing“ gegen jegliche komplementärmedizinischen Methoden inzwischen leider das Wohl der Patienten völlig aus den Augen verloren hat – denn die würden am meisten davon profitieren, wenn alle sicheren, durch Erfahrungswerte und Studien belegte Therapiemethoden, und damit eben auch die Phytotherapie, zum Wohle der Patienten interdisziplinär und konstruktiv zusammenarbeiten würden. 

Zurück zur TCM:
In der TCM wird die Wirkung der Passiflora als neutral bis kühl beschrieben und der Organbezug hauptsächlich zu Herz und Leber gesehen.
Sie wirkt  inneren Wind besänftigend, zB. bei Krämpfen, Zittern, nervöser Unruhe,  und sie beruhigt  Herz und Shen (Geist, der im Herzen wohnt)  und hilft daher  auch bei Herzrasen, hohem Puls, Palpitationen, Unruhe, Nervosität, Anspannung, Überreizung, (Durch-)Schlafstörungen,  Angst, psychosomatischen Störungen, Suchterkrankungen und Depression. 
In Bezug auf die Leber wirkt Passiflora Yang-absenkend, mildert daher Druck, Stress, Reizbarkeit und Wut, aber auch Resignation und fördert damit auch die „geistige Entgiftung“. 

 

„An Zorn festhalten ist wie Gift trinken
und erwarten, dass der andere dadurch stirbt.“ – Buddha

 

Passiflora hilft das randalierende Leber-Yang zu besänftigen. Sie ermöglicht so auch Erneuerung und neues Wachstum – mit einem ruhigen Herzen…

Gerade wenn es darum geht,  einen dauerhaft angespannten und damit belastenden Zustand aufzulösen, nervöse Unruhe und Angstzustände zur Ruhe zu bringen, Schlaf und Erholung zu ermöglichen und damit auch einer fortschreitenden Erschöpfung entgegenzuwirken, ist die Passiflora meiner Meinung nach eine große Unterstützung. 

In der Ruhe liegt die Kraft!

Orangenblütenwasser entsteht bei der Destillation von Orangen- bzw. Pomeranzenblüten zu Neroliöl  als Nebenprodukt und wird nicht nur äußerlich in der Kosmetik verwendet, sondern auch z.B. in Marokko und Spanien zum Süßen von Gebäck und Desserts.  Orangenblütenwasser schmeckt ganz zart blumig und gibt eine besondere feine und süße Note. Das zum Verzehr geeignete Orangenblütenwasser findet sich im Handel meistens bei den Zutaten für Gebäck und Süßspeisen – es lässt sich aber zudem wunderbar auch zum aromatisieren von Getränken wie Zitronenlimonade, Sekt und Cocktails, Tee und Infusionen verwenden. Ich würde beim Einkauf darauf achten, dass es sich dabei um Bio-Qualität handelt. Probieren Sie mal einen Schuss Orangenblütenwasser im Pfannkuchenteig, in Muffins (die erinnern dann an die spanischen Magdalenas!), in Quarkspeisen (und da gern in Kombination mit geriebenen Orangenschalen und Minze), zum Verfeinern von Panna Cotta oder auch als besonders feines Gewürz in Marmeladen. Orangenblütenwasser hat ähnlich wie das Neroliöl eine stimmungsaufhellende, beruhigende und entspannende Wirkung auf die Psyche und hilft daher erwiesenermaßen bei Schlafstörungen, Unruhe  (vor Prüfungen, Operationen und Vorstellungsgesprächen) und  allgemein bei Erschöpfung und Stress! Diese ausgleichende Wirkung hat Orangenblütenwasser aber auch auf die Haut: Es beruhigt geörtete und gereizte Haut, verfeinert die Poren, spendet Feuchtigkeit und erfrischt, insbesondere auch bei Hitze und auch nach dem Sonnenbad. Probieren Sie es auch mal als Badezusatz, als Zusatz zu Ihrer üblichen Bodylotion oder mit einem entspannenden Massageöl. Was ich gerade bei den jetzigen sommerlichen Temperaturen toll finde: Orangenblütenwasser  in eine Sprühflasche füllen und zuhause aus dem Kühlschrank verwenden zur Erfrischung für Handgelenke, Füße und Dekollete – oder einen Sprühstoß ins Getränk.  Oder als „Erfrischung to go“ in der Handtasche für unterwegs… By the way: Das gleiche gilt übrigens – mit etwas anderer Wirkung – auch für Rosenwasser.
Auch immer wieder schön im Sommer: Cold brew in den unterschiedlichsten Variationen…